Am 10.07.2025 fand ein bedeutendes Austauschtreffen im Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales statt.
Mit dabei waren Ministerin Heike Hofmann, Wiebke Schindel (Referatsleitung) und Marion Bartels (Referentin) – sowie Vertreter:innen der Steuerungsgruppe zur Gründung eines hessischen Dachverbands (post)migrantischer Selbstorganisationen.
Zerai Kiros Abraham und Lydia Mesgina vom Projekt Moses sowie Charlotte Njikoufon von KONE e.V. sind aktive Mitglieder der Steuerungsgruppe.
Im Gespräch stellte die Steuerungsgruppe den aktuellen Stand des Gründungsprozesses sowie ihre partizipative und community-orientierte Arbeitsweise vor. Ein zentrales Thema war die Frage: Welche Rolle soll der Dachverband künftig als Dialogpartner gegenüber Politik und Gesellschaft einnehmen?
Ein weiteres wichtiges Thema war die Dunkelziffer rassistischer Vorfälle. Die derzeitigen Statistiken bilden die Realität nicht ausreichend ab. Diskriminierende und rassistische Erfahrungen müssen gemeldet und dokumentiert werden, damit strukturelle Diskriminierung sichtbar und wirksam bekämpft werden kann.
Nachfolgend das Papier der Steuerungsgruppe zu ihrem Selbstverständnis, partizipativen Gründungsprozess und Fahrplan.
Auf dem Weg zum hessischen Dachverband: Wer wir sind und warum wir wichtig sind!
Unser Selbstverständnis und gesellschaftliche Relevanz (post)migrantischer Selbstorganisationen
(Post)migrantische Selbstorganisationen und ihre Dachverbände sind zentrale Akteur:innen gesellschaftlicher Veränderung. Sie entstanden historisch oft aus der Notwendigkeit heraus, sich gegen strukturelle Benachteiligung zu wehren, solidarische Netzwerke aufzubauen und politische Teilhabe einzufordern. Ihr Engagement war und ist Impulsgeber für bedeutende soziale und politische Entwicklungen – etwa bei der Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie oder in der Antirassismusarbeit.
Trotz ihrer Wirksamkeit wird ihre Rolle als Mitgestalter:innen gesellschaftlicher Transformationsprozesse bislang nicht ausreichend anerkannt oder gefördert. Ihr Engagement steht in der Tradition emanzipatorischer Bewegungen – wie der Arbeiter:innen-, Frauen- und Queerbewegungen. (Post)migrantische Selbstorganisationen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu einer demokratischen, solidarischen und vielfältigen Gesellschaft. Dennoch werden sie in zivilgesellschaftlichen, politischen und institutionellen Kontexten häufig übersehen oder marginalisiert.
Gerade angesichts aktueller und zukünftiger Vielfachkrisen – wie sozialer Ungleichheit, demografischem Wandel, der Integration von Neuzugewanderten und Geflüchteten, den Veränderungen der Arbeitswelt durch KI, die Gefährdungen der Demokratie, dem Klimawandel sowie bei der Überwindung von Diskriminierung und Rassismus – sind (post)migrantische Selbstorganisationen und ihre Dachverbände unverzichtbare Impulsgeber:innen, Mitgestalter:innen und gesellschaftspolitisches Korrektiv.
Partizipativer Gründungsprozess eines hessischen Dachverbandes
Aus einem gemeinsamen Selbstverständnis heraus soll ein landesweiter, tragfähiger und wirkungsvoller Dachverband (post)migrantischer Selbstorganisationen in Hessen entstehen. Dieser kann die Arbeit der Organisationen besser koordinieren und stärken, indem er als zentrale Anlaufstelle und Stimme gegenüber politischen Entscheidungsträger:innen fungiert. Er bündelt die Anliegen und Bedürfnisse der vielfältigen migrantischen Communities und vertritt sie wirksam nach außen.
Gerade in Zeiten, in denen rechte und rechtsextreme Positionen zunehmend gesellschaftsfähig werden, ist es dringend notwendig, die Stimmen (post)migrantischer Selbstorganisationen zu stärken. Ein Dachverband kann als verlässlicher Dialogpartner und zivilgesellschaftliche Akteurin aktiv zur Gestaltung einer offenen, demokratischen und solidarischen Gesellschaft beitragen.
Zu diesem Zweck hat sich eine Initiative aus Vertreter:innen (post)migrantischer Selbstorganisationen in Hessen gebildet, die die Gründung eines hessischen Dachverbandes vorantreibt. Eine Steuerungsgruppe wurde benannt, um den partizipativen Prozess in enger Zusammenarbeit mit der Initiative zu gestalten. Über 40 hessenweite Vereine sind bereits in den Gründungsprozess eingebunden – sie spiegeln die Vielfalt und Breite migrantischer Selbstorganisationen im Land wider.
Chronologie des Prozesses (2023–2025)
2023: Beim hessenweiten Vernetzungstreffen migrantischer Selbstorganisationen im November 2023 – organisiert vom Kompetenzzentrum Vielfalt Hessen in Kooperation mit dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales – wurde der gemeinsame Beschluss gefasst, die Gründung eines landesweiten Dachverbandes voranzutreiben.
2024: Im Folgejahr bildete sich eine Initiative, begleitet durch einen Beratungsprozess mit Mamad Mohamad (Geschäftsführer von LAMSA und Vorstandsvorsitzender der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen). Eine Steuerungsgruppe wurde benannt, die den Gründungsprozess aktiv gestalten soll. Beim Vernetzungstreffen im Oktober 2024 wurden die Mitglieder der Steuerungsgruppe sowie ein vorläufiger Zeitplan vorgestellt und Rückmeldungen der Teilnehmenden eingeholt.
2025: Seit der Auftaktveranstaltung der Steuerungsgruppe im April 2025 wird der Prozess partizipativ und in enger Zusammenarbeit mit über 30 migrantischen Organisationen in Hessen gestaltet. Zwei (fast)bewilligte WIR-Mikroprojekte ermöglichen die gemeinsame Entwicklung von Satzung, Geschäftsordnung und Leitbild.
Nächste Schritte – ein Überblick
- August 2025: Auftakt des partizipativen Gründungsprozesses mit Vertreter:innen der Initiative
- Ende 2025/Anfang 2026: Offizielle Gründung des hessischen Dachverbandes und Wahl des Vorstandes, Vorstellung und Diskussion des Konzepts für den Prozess zur Vision- und Leitbildentwicklung sowie Weiterentwicklung und Einarbeitung der Diskussionsergebnisse
- Anfang 2026: Partizipative Entwicklung gesellschaftlicher Visionen für ein zukunftsfähiges Hessen, die gleichzeitig die Grundlage zur Entwicklung eines Leitbildes für einen hessenweiten Dachverband der migrantischen Selbstorganisationen bilden.
Mitglieder der Steuerungsgruppe und ihre Sprecher:innen
- ALL In Netzwerk, Kassel – Lela Mohtadi (Koordinatorin) und Chuks Lewis Ehiwario (The Concerned Nigerians e.V.)
- Kone-Netzwerk kommunikativen Handelns e.V., Frankfurt – Charlotte Njikoufon
- Nepali Samaj e.V., Frankfurt – Shiva Adhikari, Anita Thapa
- Projekt Moses Jugend- und Sozialwerk e.V., Frankfurt – Zerai Kiros Abraham, Lydia Mesgina
- Zan – der afghanische Frauenverein e.V., Frankfurt – Stefanie Then
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Erster Sprecher: Shiva Adhikari (Nepali Samaj e.V.), E-Mail: info@nepalisamaj.org
Zweite Sprecherin: Lydia Mesgina (Projekt Moses e.V.), E-Mail: l.mesgina@projektmoses.de
Eure Steuerungsgruppe